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Treffen Sie den CEO von October Deutschland

In unserer Reihe “Treffen Sie die CEOs von October” führen wir Gespräche mit den CEOs unserer Ländergesellschaften in Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden und Deutschland. In dieser Episode haben wir mit Thorsten Seeger, CEO von October Deutschland, gesprochen.

Was haben Sie studiert und wo haben Sie gearbeitet, bevor Sie zu October kamen?

Zuerst habe ich Internationale Betriebswirtschaftslehre studiert und dann bei Accenture in Frankfurt im Consulting für Finanzunternehmen angefangen. Danach habe ich ein MBA an der CEIBS in Shanghai absolviert und bin nach London umgezogen, wo ich 10 Jahre bei verschiedenen Großbanken gearbeitet habe. Ich hatte eine Anzahl unterschiedlicher Rollen, unter anderem in der Zentrale, als Regionalleiter und in der Produktentwicklung, aber immer mit einem Fokus auf KMU Kunden. 2017 hatte ich dann die Möglichkeit aus dem Bankbereich zu einem Fintech zu wechseln und habe meinen eigenen Brexit vollzogen. In Berlin habe ich einen Marktplatz für KMU Kredite aufgebaut, bevor ich dann 2019 zu October gekommen bin.

Was sind die Chancen und Risiken auf dem Finanzmarktplatz Deutschland?

Es heißt immer, dass es in Deutschland zu viele Banken gibt. Wir haben über 1.600 eigenständige Banken, von denen aber die meisten unter zwei großen Dachorganisationen hängen. Es sind aber dennoch eigenständige Banken, die einen eigenen Vorstand haben und eigene Entscheidungen treffen. Ihr Vorteil ist, dass sie noch einen stark regionalen Fokus haben und die Bedürfnisse ihrer Kunden oft besser verstehen als Banken in anderen Ländern.

Das Problem ist allerdings, dass sie nicht digital aufgestellt sind. Viele dieser Banken sind so klein, dass sämtlicher Entwicklungsaufwand, den sie stemmen können, von regulatorischen Projekten wie Basel III und MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive) aufgebraucht wird. Daher haben sie fast keine Ressourcen übrig, um die Kundenerfahrung zu verbessern. Prozesse sind analog und basieren noch auf Papier und die Entwicklung dieser Banken hat nicht mit den veränderten Bedürfnissen ihrer Kunden Schritt gehalten!

Was glauben Sie, wie October den deutschen Markt beeinflussen kann?

Der deutsche Markt ist immer noch sehr traditionell eingestellt und es gibt nur 4 oder 5 Unternehmen, die versuchen die KMU Kreditvergabe durch einen digitalen Prozess zu verändern. Keiner dieser Anbieter ist bisher besonders groß und wir sind erst am Anfang einer Reise zu einer Umgebung, die von digitalen Prozessen geprägt ist und die Kundenerfahrung in den Mittelpunkt stellt.

Als ich gegen Ende 2019 bei October angefangen habe, hatte ich das Gefühl, dass der Markt bereit dafür ist, alternativen Finanzierungslösungen eine größere Rolle zu geben. Im Moment finanzieren die alternativen KMU Finanzierer zusammen ca. 400-500 Mio. Euro an Krediten pro Jahr. Das ist aber in einem Markt, der ca. 150 Milliarden Euro pro Jahr umfasst. Der Markt ist unglaublich groß, und alternative Finanzierer decken nur einen winzigen Teil davon ab.

Ende 2019 hatte ich das Gefühl, dass 2020 etwas Großes passieren würde. Und für mich persönlich war es eine tolle Möglichkeit, von einem größeren Fintech zu October zu wechseln. Ich war der erste Mitarbeiter von October in Deutschland und konnte das Geschäft vom ersten Moment an aufbauen. Ich konnte alle meine Erfahrungen aus vorherigen Jobs bündeln und in ein Produkt einbringen, von dem wir überzeugt sind, dass es deutlich besser ist als der momentane Marktstandard.

In 2020 ist uns dann die Corona Pandemie etwas im Weg gestanden und es war nicht die beste Zeit, um eine neue Kreditplattform an den Markt zu bringen. Ich bin jedoch sehr zuversichtlich, dass diese Krise langfristig eine große Chance für uns ist. Nicht nur für October, sondern für Fintechs im Allgemeinen. Ich bin davon überzeugt, dass die Krise als Beschleuniger für digitale Disruption wirkt und dass sich der Wandel der nächsten 5-10 Jahren in den letzten 12 Monaten vollzogen hat.

Welche Finanzierungstrends sehen Sie in Ihrem Land?

Viele Jahre lang betrachteten Unternehmer die KMU-Finanzierung als gleichbedeutend mit Bankkrediten. Sie würden zu ihrer Hausbank gehen und um einen Kredit bitten. Wenn die Bank „nein“ sagte, dachte der Unternehmer, es gäbe keine anderen Möglichkeiten.

Jetzt werden auch alternative Akteure interessanter. Das gilt nicht nur für Kreditplattformen, sondern auch für andere Finanzierungslösungen für KMUs, wie Factoring, Leasing und Angebote aus dem Kapitalmarktbereich. Das Spektrum öffnet sich. Mit den Dienstleistungen von Fintechs für KMUs ist die Transparenz viel höher, und die Kosten sind viel niedriger. Produkte, die vorher für KMUs unzugänglich waren, weil sie zu teuer waren, sind nun eine Option geworden.

Wie unterscheiden sich diese Trends von denen in anderen October Ländern?

Wenn man sich die Trends von einer Produktstandpunkt aus anschaut, hat jedes Land seine eigenen Probleme und die Bankenlandschaft – vor allem für Kreditprodukte – ist sehr unterschiedlich. Kredite sind die einzige Anlageklasse, für die es keine europaweite Regulierung gibt. Hier gibt es eine große Chance für die Regulierungsbehörden, darüber nachzudenken, was sie tun können.

Deutsche Kunden sind sehr preissensibel. Das führt leider dazu, dass sie oft nur auf die offensichtlichen Kosten schauen, nämlich vor allem auf den Zinssatz. Daher sind Zinsen für Bankkredite in Deutschland auch sehr billig und die Banken können durch den Zins allein kein Geld verdienen. Aber Unternehmer sollten die gesamten Kosten berücksichtigen, die sie zu zahlen haben, einschließlich der ganzen Zeit und des Ärgers, wenn sie einen Kredit mit einer Bank vereinbaren. Und wenn sie über ein schnelles, einfaches und transparentes Kreditprodukt nachdenken, sollten sie bedenken, wie viel Zeit sie dadurch sparen, die sie dann in ihr Unternehmen investieren könnten.

Unternehmer in ganz Europa wollen einen schnellen, einfachen und transparenten Kreditprozess. October als paneuropäische Plattform ist einzigartig positioniert, um dies zu bieten. Das Bedürfnis unserer Kunden ist also das gleiche über ganz Europa hinweg, auch wenn die Details in den verschiedenen Ländern variieren.

Was sind die Ziele von October Deutschland im Jahr 2021?

Wir haben 2021 drei Ziele für October Deutschland:

Das erste ist die Bekanntheit der Marke October auf dem deutschen Markt weiter auszubauen. Deutschland war das letzte Land, das zur October Familie dazugekommen ist, daher haben wir noch viele Möglichkeiten unseren Bekanntheitsgrad zu steigern.

Der zweite Baustein ist der Ausbau unserer Technologie und der Datenpools, auf die wir Zugriff haben. Technologie und Daten sind für uns extrem wichtig und bilden zusammen das Fundament, auf dem unser Geschäftsmodell aufgebaut ist.

Das dritte Ziel ist die Entwicklung eines Schnellkredits für kleinere Anfragen bis zu 250.000 Euro, so dass wir innerhalb von 24 Stunden eine Entscheidung für unsere Kunden treffen können.

Nach einem Jahr auf dem deutschen Markt hat sich bestätigt, dass es neben der Bereitstellung eines schnellen, einfachen und transparenten Produkts zwei große Kundenbedürfnisse gibt: Das erste ist Geschwindigkeit und das zweite die Verbindlichkeit.

Die Definition von „schnell“ ändert sich allerdings je nachdem, in welcher Situation sich der Unternehmer befindet. Wir unterscheiden zwischen der „Zeit bis zum Ja“ und der „Zeit bis zur Auszahlung“.

Die „Zeit bis zum Ja“ ist die Zeit, bis der Unternehmer eine verbindliche Antwort auf seine Kreditanfrage erhält. Die „Zeit bis zur Auszahlung“ misst, wie schnell der Unternehmer das Geld auf seinem Bankkonto hat.

Wir wissen, dass Unternehmer sehr viel Wert auf die „Zeit bis zum Ja“ legen. Zum Beispiel wenn sie eine Ad-hoc-Gelegenheit haben und schnell reagieren müssen. Für sie ist es wichtig, nicht zu lange warten zu müssen und manchmal ist sogar eine Woche zu lang. Deshalb wollen wir ein Produkt schaffen, bei dem wir einem Unternehmer innerhalb von 24 Stunden ein verbindliches ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ geben können.

Was denken Sie ist typisch für October?

Das erste, was mir in den Sinn kommt, ist, dass October das kollaborativste Unternehmen ist, in dem ich je gearbeitet habe. Ich bin immer wieder erstaunt, wie offen jeder ist, seinen Kollegen und Kunden zu helfen. Noch nie habe ich gehört, dass jemand „Nein“ zu der Bitte eines anderen um Hilfe gesagt hat. Das ist wirklich einzigartig.

Außerdem denken alle Mitarbeiter regelmäßig über die Kundenerfahrung nach. Das ist mir wichtig und ich konnte beobachten, dass unsere 100 Mitarbeiter alle sehr kundenzentriert sind.

Was macht aus October ein echtes Technologieunternehmen?

Es ist schwer zu bestimmen, was ein Technologieunternehmen heutzutage eigentlich ist. Bei October setzen wir einen unerbittlichen Fokus auf Technologie, um das Leben unserer Kunden zu erleichtern. Zum Beispiel, indem wir die „Zeit bis zum Ja“ verkürzen. Wir haben in Italien und Frankreich einen „Instant-Prozess“ eingeführt.

Aber ich glaube eigentlich nicht, dass es heute ein Alleinstellungsmerkmal ist, ein Technologieunternehmen zu sein. Alle Unternehmen, die in einer digitalen Welt überleben wollen, müssen sich überlegen, wie sie Daten und Technologie nutzen können, um ihr Angebot kontinuierlich zu verbessern. Wir haben großartige Technologie bei October, aber es sind wirklich unsere Mitarbeiter, die alles zusammenbringen und der herausragende Faktor sind.

Mit welchem Unternehmenswert von October identifizieren Sie sich am meisten?

Es ist schwierig, nur einen auszuwählen, da unsere Werte alle so wichtig für uns sind. Sie sind Leitplanken für uns und wir leben nach ihnen. Aber wenn ich mich für einen entscheiden müsste, dann wäre das „Always Improve“ (ständige Verbesserung). Dieser entspricht auch meinem persönlichen Charakter. Ich bin nie damit zufrieden, wo ich heute stehe, sondern möchte immer zum nächsten Level kommen, mehr tun und schneller oder weiter laufen.